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Einige Überlegungen zu den Werken

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Über Natur ...

Unsere Natur wird seit Jahrhunderten immer mehr "gezähmt" kultiviert, vom Menschen verändert und gebeugt und wird so zu einer „gemachten Natur“ modifiziert. Unsere heutige Natur erscheint wie ein barocker Garten, der zwar mit Elementen der Natur arbeitet, der aber mit Natur nichts mehr gemein hat. Kaum eine Landschaft erscheint heute noch als nicht vom Menschen beeinflusst.  4 Künstlerinnen widmen sich aus unterschiedlichen Perspektiven diesem Thema, dass in Hinblick auf die Umweltproblematik mehr denn je an Aktualität besitzt.

"Ich mach mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt". Was dabei rauskommt, zeigt uns eine verblüffende neue Anwendung von Google Earth: Die Welt im Zeitraffer – von oben runtergeschaut dank Satellitentechnik. Eine Forschungsarbeit unterfüttert das, was wir so sehen, mit einer erschreckenden Analyse. Ökologisch intakte Areale auf dem Planeten sind kaum noch vorhanden. Überall haben wir unsere Spuren hinterlassen.“1 (MDR)

„Alles Künstliche überwiegt erstmals die Gesamtheit des Lebens auf der Erde. Ein historischer Punkt wurde erreicht: Die Masse aller existierenden menschengemachten Strukturen übersteigt die weltweite Biomasse.“2 (Standard)

Die Natur verbindet sich auf diese Weise mit der menschlichen Vorstellung was Natur sein soll.  Natur wird dem ökonomischen Nutzen des Menschen unterstellt. Sie wird zu einem Artefact, zu einer FACTA NATURA sowohl in ihrer tatsächlichen realen Ausprägung als auch in unserer Wahrnehmung.

Die Künstlerinnen setzen sich in der Ausstellung „FACTA NATURA“ mit dem Thema der Beziehung von Mensch und Natur, mit der von Menschen gemachten und wahrgenommenen Natur auseinander.

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Die Werkserien gehen auf die Beziehung Natur, Mensch und Technik ein und erforscht die Fragmentierung sowie die Fragilität der Natur. Der  Wahrnehmungsprozess von Natur ist heute über Medien bestimmt. Die Natur wird durch Technik durchdrungen und verändert. Das „Paradies Natur“ ist nicht mehr existent. Der Mensch entzieht sich selbst die Lebensgrundlage. 

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Über Körper …

Körper in welcher Form auch immer, sei es abstrahiert, fragmentiert  oder expressiv sind der zentrale Bestandteil vieler Arbeiten. Gemeint ist immer der eigene Körper, dessen Form und Verformung Geschehenes und Erspürtes transportiert und gesellschaftliche Zustände aufgreift.

 

In den Serien "Bodyparts" und „Falling Angels“ wird der Körper als Zeichen der Zeit reduziert auf Teile – fragmentiert. Menschen, Frauenkörper, werden  zu ästhetischen Formen verdinglicht. Die Schönheit und Funktion von Dingen, ohne Kopf und Extremitäten, die Bewegung und Denken ermöglichen würden. Fallende Frauenkörper – verstoßen aus dem Olymp. „Und doch glauben wir uns so emanzipiert und Herr unseres Lebens (eben Herr!) und unserer Lage zu sein und fragen uns nicht, ob der Schein nicht trügt. Sind wir nicht vielmehr verschönender Zierrat oder Beiwerk einer Struktur, gestürzt aus dem Tempel den wir uns erdacht haben.“

Das Thema „ich bin angerichtet“ wird ebenfalls von Körperteilen dominiert und kehrt in unterschiedlichen Zusammenhängen wieder.  Die Werke stellen den Körper als verdinglichtes Stillleben Objekt dar. Der menschliche Körper wird passiv und zum Nutz– und Konsumobjekt degradiert.

 

Über ich ….

In einigen Werkserien wird der Körper wird als Projektionsfläche benutzt um über das Leben und die Funktion der Psyche zu reflektieren.

 

In der Serie „Raum für Menschen“ wird der Körper in Räume eingeschrieben und inszeniert. Er spiegelt in unterschiedlichen Inszenierungen persönliche Erfahrungen und Erlebtes wieder.

 

Die Serie „Die Gabe des Lebens"  oder  „Der freie Wille ist eine Illusion.“ (Gerhard Roth)  reflektiert über die Möglichkeit der freien Entscheidung und der Möglichkeit den eigenen Lebensweg zu bestimmen und zu lenken.

„Die Geworfenheit aber ist die Seinsart eines Seienden … „ (Martin Heidegger)

„Ungefragt ist der Mensch in das Dasein gesetzt. Unser Dasein ist ein Sein zum Tode.“ (Heidegger)

„Man ist was man will. Der Mensch ist zur Freiheit verdammt. Er ist ungefragt in die Welt geworfen und sich alleine verantwortlich.“ (J. Paul Satre)

„Der freie Wille ist eine Illusion.“ (Gerhard Roth, Hirnforscher)

„Bevor wir uns bewusst zu entscheiden glauben, hat das Gehirn die Entscheidung bereits vorweggenommen“ (Benjamin Libet, Psychologe). 

Daher:  „Wir tun nicht, was wir wollen, sondern wir wollen, was wir tun“ (Wolfgang Prinz).

Die Gabe des Lebens scheint relativiert. Das soziale, wirtschaftliche und politische Umfeld erscheint umso mächtiger. Die Serie stellt die Frage ob Menschen und noch mehr Frauen das sind was sie sein wollen, oder das was sie sein sollen und inwieweit selbstbestimmtes Leben realisierbar ist oder nur vorgegaukelt  wird.

 

Die Arbeiten zum Thema Schatten ICH thematisieren das Unbewusste als  permanente „Schatten“ der Vergangenheit und Zukunft, die die Gegenwart überlagern und bestimmen.

„Mein Schatten: nicht gut, nicht böse, immer dichter, beruhigend, schützend, erschreckend, geheimnisvoll, erdrückend, im Fluss, nicht fassbar, immer wiederkehrend, fremdbestimmt, bekannt, …“

Ähnlich reflektiert die Serie Standorte über Lebensphasen und die Möglichkeit sich im Leben zu positionieren. Die Arbeiten stellen die Frage nach Positionen die einnehmbar sind um von dort aus das Leben zu betrachten.

  

Über home sweet home …

Das zu Hause bzw. die Familie als Insel in der Gesellschaft ist ein immer wiederkehrendes Thema.  Das Zuhause und Private erzeugt ein drinnen und draußen die durch eine Membran verbunden scheinen und unterschiedliche Realitäten erzeugen und zulassen. Diese Gedanken fließen auch immer wieder in anderen Serien ein.

 

Der Küchentisch wird symbolisch oder als real Mittelpunkt familiären Lebens begriffen , ein Ort der Begegnung , der Auseinandersetzungen und der Konflikte. Er zeugt somit von allen Gefühlen und Begegnungsarten denen Menschen fähig sind. In ihm ist das Wissen um Familiengeschichten, ein Soziogramm einer Familie  konserviert.

 

Wir finden Frieden häufig im Rückzug von der Realität und unter Ausschluss der Realität zu Hause. Das neue kleine Biedermeier: Unsere heile Welt hinter zugezogenen Vorhängen.

Die Arbeiten hält die  soziale und politische Realität z.B. vom 2.August 2019 in Form von Zeitungsausschnitten fest. „Nicht als Vorwurf gedacht, sondern nur als Hinweis darauf nicht zu vergessen, was draußen vor  den Vorhängen passiert. Es ist ein Stück der Realität die wir draußen lassen,  die uns ausmacht und die wir  negieren um Ruhe zu finden. Manchmal allerdings machen wir die Welt hinter unseren Vorhängen zur realen Welt.“

 

Eine weitere Arbeit zu diesem Thema stellt die Art und Mächtigkeit der medialen Information und die Reizüberflutung durch die Medien und  in den Mittelpunkt. Sie regt zum Nachdenken über die Medienpolitik und über den eigenen Umgang mit Information und Medien an und lädt ein in einem Wohnzimmer Platz zu nehmen., das von Informationen überquillt.

„Die Medienküche serviert uns täglich einen Realitätseintopf mit unzählig vielen Zutaten, die doch jeden Tag gleich schmecken.“ (Peter Sloterdijk, Kritik der zynischen Vernunft, Band 2)

 

Über Beziehungen …

Eine Gruppe von Künstlerinnen setzt sich mit der weiblichen Wahrnehmung des Mannes aus den unterschiedlichsten Perspektiven auseinander. Die Arbeit Looking at stellt eine sehr persönliche Wahrnehmung von ganz bestimmten Männern dar. Blicke sagen mehr als 1000 Worte. Unter diesem Aspekt entstand Look at. Dies sind die Blicke auf die Männer im Leben der Künstlerin: Vater, Bruder, Ex-Mann und Söhne. Diese Blicke erscheinen begrenzt, getrübt, verzerrt und liebend. Die Blicke auf bestimmte Männer legen die Basis für die Blicke auf  Männern im Allgemeinen.

Weitere Arbeiten lenken den Blick auf Beziehungen und  die Frage was es bedeutet in unserer Gesellschaft Frau zu sein.

 

Das verborgene Kind  oder ein Drama in 5 Akten stellt den Ablauf einer Beziehung dar und vergleicht sie mit einem Kartenspiel. Wie Spielkarten werden Beziehungen im Laufe des Lebens gezogen. Man kann sich entscheiden sie zurückzulegen, oder mit ihnen weiterzuspielen. Aber man weiß nicht was als Nächstes kommt.

Die Teile der Arbeit verstanden als Spielkarten sind so gehängt, dass man durchgehen muss um Alle zu sehen. Von den Spielkarten sieht man nie alle Teile und alle Seiten. Das erschwert den Gesamteindruck. Die Größe und der Inhalt wirken bedrückend.

 

Beziehungen sind Bande die entstehen und vergehen. Sie schließen die Einen ein und die Anderen aus. Verbindungen und Grenzen durchziehen unsere Gesellschaft und Umwelt wie ein Netzwerk dass wir weben und auftrennen, übersteigen, zurückhalten, sie verhindern und ermöglichen. „Über Grenzen in meinem Kopf und in der Gesellschaft bin ich schon oft gestolpert, Verbindungen haben mich schon oft getragen.“

Das Werk Bande besteht aus zwei gemalten Teilen und zeigt Menschen in einem Netz. Aufgebaute und gelöste Beziehungen, grenzen ein und grenzen aus, nötigen uns sich zu verbiegen und zu verändern, bieten Sicherheit und Schutz. Die dazugehörige Installation, das davor gelegte Liniengebilde spiegelt dies räumlich wieder.  Die Installation lädt ein neue Verbindungen zu schaffen, Bestehendes aufzulösen, ins Netz zu steigen sich zu verbiegen und anzupassen -  Das Licht wirft die veränderten Beziehungen ins Bild.

 

Die Serie Netzwerke zeigt die Gesellschaft als vielschichtiges Netzwerk. Menschen sind in die Strukturen auf die unterschiedlichsten Arten eingebunden, in sie verstrickt und in ihnen gefangen.

 

Über Frauen ...

„Man wird nicht als Frau geboren, man wird es“– Simone de Beauvoir

Aber: „sie sind das Eine und die Frauen das Andere“, daran hat sich nicht viel geändert. Vielleicht sollten wir gemeinsam versuchen anders zu werden.

 „Wenn man uns sagt: ‚Immer schön Frau bleiben, überlasst uns nur all diese lästigen Sachen wie Macht, Ehre, Karrieren, seid zufrieden, dass ihr so seid: erdverbunden, befasst mit den menschlichen Aufgaben …‘ Wenn man uns das sagt, sollten wir auf der Hut sein!“– Simone de Beauvoir

„Frauen haben in den letzten Jahrzehnten viel erreicht, …

Wir dürfen Wählen, in vielen Fällen die Männern die an der Spitze stehen, wir dürfen Karriere machen, damit die Quoten stimmen wir dürfen unseren Job ausüben, wenn zu Hause alles passt, ….“

Die inszenierte Malerei versucht den Status quo der Stellung und Wertigkeit der Frau zu visualisieren und fühlbar zu machen. Nicht nur Männer steigen über Frauen und blicken auf sie herab, sondern auch Frauen selbst.

Tag täglich werden Frauen von Frauen und Männern gedemütigt, geschlagen und missachtet, doch tatsächlich und bewusst auf doch nur gemalte Frauenkörper zu steigen fällt schwer.

Malerei, Installation, Druck

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